Rückblick auf das 76. Locarno Filmfestival
Das diesjährige Festival war geprägt vom anstehenden Abschied von Festivalpräsident Marco Solari sowie von Kulturminister Alain Berset. Filmpolitisch stand der Austausch mit den neuen Investor*innen in die Schweizer Filmproduktion im Zentrum und die Frage, welche Chancen und Risiken diese sowohl wirtschaftlich als auch kulturell bieten.
Das Locarno Filmfestival steht vor einem Wandel, da zwei herausragende Persönlichkeiten, Alain Berset, Bundesrat und Kulturminister, und Marco Solari, Präsident des Festivals, sich von ihren langjährigen Engagements verabschieden. Als Nachfolgerin von Marco Solari wird die Baslerin Maja Hoffmann gewählt, eine der weltweit renommiertesten Kunstmäzeninnen. Der ARF freut sich, dass zum ersten Mal eine Frau in diesem Amt tätig sein wird.
Parallel zu dieser erfreulichen Neuigkeit hielt das BAK die Spannung aufrecht, da es noch keine offizielle Nachfolge für den abtretenden Filmchef Ivo Kummer bekannt gegeben hat.
An der Mitgliederversammlung des Dachverbands Cinésuisse wurde die branchenübergreifende Eingabe zur neuen Kulturbotschaft finalisiert. Der vorliegende Entwurf stösst in der Branche auf breite Zustimmung. Gefordert werden von der Branche u.a. zusätzliche Mittel für den Filmkredit, insbesondere für die Standortförderung, die im Vergleich zu unseren Nachbarländern zu wenig attraktiv ist. Auch branchenübergreifend braucht es mehr Mittel, um die Teuerung aufzufangen und die grossen Herausforderungen für den Kulturbereich (soziale Sicherheit, Digitalisierung, Anlaufstellen für Opfer sexueller Übergriffe, etc.) zu stemmen, ohne die bisherigen Aufgaben zu vernachlässigen.
Auch das diesjährige Dîner politique, an dem der ARF/FDS mit Präsidium und zwei Vorstandsmitgliedern präsent war, stand im Zeichen der wirtschaftlichen Bedeutung der Filmindustrie und dem Umgang mit den neuen Investitionen. In diesem Zusammenhang steht auch die neue gegründete Allianz Cinéconomie, die in Locarno von deren Präsident, Matthias Michel (FDP, Zug), vorgestellt wurde.
Ein weiteres viel diskutiertes Thema war die fortschreitende Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Filmentwicklung, -produktion und Vermarktung. Nebst einem Potenzial für Effizienzsteigerungen und kreative Innovationen, birgt der Einsatz von KI erhebliche Risiken und stellt viele Fragen, insbesondere bzgl. Urheberrecht, die für Autor*innen aber auch für die Regie existentiell sind. Beim ARF/FDS hat dieses Thema deshalb hohe Priorität und wird ein Schwerpunkt der diesjährigen Retraite sein.
Ein weiteres Highlight war der Abschluss der Verhandlungen zum neuen «Pacte de l’audiovisuel». Das Koproduktionsabkommen zwischen der SRG und der unabhängigen Filmbranche tritt am 1. Januar 2024 in Kraft und wird bis Ende 2027 gültig sein. Die SRG investiert neu 34 Millionen Franken pro Jahr in den Pacte.
Der ARF/FDS hatte sich in den Verhandlungen dafür eingesetzt, dass die Wahrung der Urheberrechte auch in der digitalen Ära sichergestellt ist. In Anbetracht der sich wandelnden Auswertungsformen, insbesondere von «Web-only»-Angeboten, bekräftigt die SRG ihr Engagement, die Urheberrechte nach wie vor unter «fairen Konditionen» zu honorieren. Zu diesem Zweck wird eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die im Hinblick auf den übernächsten Pacte (ab 2028) neue Richtlinien erarbeiten wird.
Erfolgsmeldungen gibt es auch von unseren Mitgliedern:
- Die Jury des BAKs hat entschieden, den Spielfilm «Foudre» von ARF-Mitglied Carmen Jaquier bei den nächsten Oscars als Schweizer Beitrag in der Kategorie «Bester internationaler Film» einzureichen. Wir gratulieren Carmen Jaquier herzlichst zu diesem Erfolg!
- Der ARF gratuliert zudem Lea Bloch, die mit «Letzte Nacht» den Pardino d’oro für den besten Schweizer Kurzfilm, sowie den Best Swiss Newcomer Award erhielt. Ebenfalls gratulieren wir Kayije Kagame und Hugo Radi, die für ihren Kurzfilm «Night Shift» den Pardino d’argento Swiss Life im nationalen Wettbewerb ergattern konnten.